Interview mit Nana Chiu
Unsere tensual-Autorin beantwortet Fragen zu ihrem Buch "Das Herz der Meerjungfrau".
1) Welchem Genre würdest du deinen Roman zuordnen?
Es ist ein Urban Fantasy Roman, aber um meinen Figuren das Leben und ihre Entscheidungen schwerer zu machen, gab ich ihnen eine Liebesgeschichte mit auf den Weg.
2) Welche Figur hast du am liebsten geschrieben?
Schon beim Plotten ist mir Tsering, die Schamanin, die Lex hilft, sehr ans Herz gewachsen. Ich wollte ihr unbedingt eine Stimme geben und Lex durch ihre Augen zeigen. So entstand „Feuer und Blut“, das nicht unbedingt ein Prolog ist, sondern eine weitere und eine ganz andere Liebesgeschichte.
3) Warum Hongkong als Schauplatz?
Als ich nach einem Ort für die Handlung suchte, war mir schnell klar, dass es eine Metropole sein muss, in deren Anonymität Übernatürliches ungesehen passieren kann, und die vielschichtig genug ist, um all den mythischen Wesen aus verschiedenen Kulturen einen Treffpunkt zu geben. Es gibt nicht viele solcher Schmelztiegel und über die offensichtlichsten habe ich selbst genug gelesen. Am Ende war es eine Herzensentscheidung für Hongkong mit seinen Küsten, um einer Meerjungfrau einen (Über)Lebensraum zu geben.
4) Warst du schon mal dort?
Leider nicht. :D Ich musste durch Google Street View und die Erzählungen meiner Familie die Reise unternehmen. Aber wenn ich mal in Hongkong bin (was ich unbedingt tun will), so werde ich Kels Tag an Land eins zu eins wiederholen. Natürlich ohne die gefährlichen Teile davon und leider ohne Lex.
5) Meerjungfrau Kels Wunsch, ein Mensch zu werden, klingt ja bekannt, hast du dich von „Die kleine Meerjungfrau“ oder anderen Märchen inspirieren lassen?
Lex fiel die Ähnlichkeit noch vor mir auf und auch wenn ich um den wahren und traurigen Ursprung von „Die kleine Meerjungfrau“ weiß, so fand ich es eine schöne Vorstellung, es habe sie in Kels Welt tatsächlich gegeben. Also wird die kleine Meerjungfrau im Buch erwähnt. Bis auf die mythischen Wesen kommen jedoch sonst keine anderen Märchen vor.
6) Du hast einen bildhaften Schreibstil – lässt du dich von Filmen oder Kunstwerken inspirieren?
Ich benutze tatsächlich Bilder zur Inspiration und habe auf diversen Plattformen ganze Ordner von Fotos und Illustrationen, die mich berühren und mir Geschichten erzählen. „Das Herz der Meerjungfrau“ erwuchs aus einer Reihe solcher Bilder. Außerdem habe ich zuerst gezeichnet, bevor ich schrieb, studierte sogar Kunst. Mir fällt es jedoch leichter, die Bilder in meinem Kopf als Worte zu Papier zu bringen.
7) Im Buch soll jeder Mensch unbewusst eine Art von alltäglicher Magie beherrschen. Was wäre deine Zauberkraft?
Schwere Frage, denn es müsste ja etwas sein, was mir nicht bewusst ist. ;) Ich denke, dass es mir merkwürdig leicht fällt, Dinge mit meinen Händen zu erschaffen: Backen, Stricken, Nähen, Zeichnen – sogar wenn ich schreibe, mache ich das nicht an einem PC, sondern mit Stift und Papier.
8) Lex hat zwei Schutzgeister, die die Form von Katzen einnehmen. Hattest du Vorbilder dafür?
Ich gebe jeder meiner Figuren etwas von mir, wie verschieden wir auch sonst sein mögen. Lex bekam das Zeichnen und meine Katzen. Mawu und Liz sind meinen beiden Jungs gänzlich nachempfunden und es hat richtig Spaß gemacht, deren Persönlichkeiten zu verewigen.
9) Lex’ Körper verändert sich immer wieder. Vom Mann zur Frau und umgekehrt. Was genau ist dafür der Auslöser und was war deine Intention hinter dieser Figurengestaltung?
Wie ich schon erwähnt habe, begann das Buch mit Bildern und Lex begann mit einem Foto eines Models, das sowohl für männliche als auch für weibliche Modelinien modelt. Ich hatte dann die Frage im Kopf „Was wäre, wenn …?“ – Was wäre, wenn jemand tatsächlich sein Geschlecht, seinen Körper, wechseln könnte? Und was wäre, wenn es nicht in seiner/ihrer Hand läge? Lex’ Verwandlung wird von ihren Gefühlen geleitet und so passt sich ihr Körper dem bevorzugten Geschlecht ihres Schwarms an, unabhängig davon, ob dieser ihre Gefühle erwidert oder zu seiner Sexualität steht. Welche Konflikte erwachsen daraus? Als Autorin konnte ich unzähligen solcher Fragen nachgehen und zumindest auf Papier Lex’ Leben ausprobieren, denn deswegen schreibe und lese ich – um die verschiedensten Geschichten zu leben.